Seit diesem Herbst kann die Blasmusik-Szene wieder ohne Einschränkungen proben und Konzertveranstaltungen beginnen sich zu häufen. So spielte die Stadtmusik am Sonntag, 21.11.2021 im Volkshaus – nota bene ohne Pause, ohne Konsumation und mit Konzertbestuhlung.
Und sie hatte zu Beginn mit etlichen logistischen Problemen zu kämpfen; von der 150 m langen Schlange im Freien vor der Zertifikatskontrolle bis zur Garderobe, welche nur Twint oder Kartenzahlung akzeptierte und zu ein wenig chaotischen Szenen mit der Platzzuteilung im Saal, die wegen eines Fehlers der Reservationsplattform „Ticketino“ entstanden waren. Nichtsdestotrotz: Das Konzert war ausverkauft, was natürlich auch mit der grossen Anzahl der aktive Beteiligten zusammenhängt.
Immerhin konnte das Konzert mit knapp 20 Minuten Verspätung beginnen. Chefdirigent Niki Wüthrich versammelte eine riesige Formation mit der massiv verstärkten Stadtmusik (zur Stammbesetzung traten nebst etlichen Zuzügern auch Klavier, Harfe, und ein Register aus tiefen Streichern) und dem „Akademischen Chor Zürich“ (Einstudierung: Anna Jelmorini).
Das gewählte, recht kompromisslose Programm kam wie aus einem Guss daher: Auf das Hauptwerk, die einstündige „Queen Symphony“ des 59-jährigen Tolga Kashif folgte als schon programmierte Zugabe das viertelstündige, lustige „Godzilla Eats Las Vegas“ des 1970 geborenen, mittlerweile in Chor- und Blasmusikkreisen sehr populären Eric Whitacre. Auf eine weitere Zugabe verzichtete Wüthrich wohlweislich – zu diesem Programm hätte nichts Weiteres gepasst.
Wüthrich scheint eine Affinität zur Popgruppe „Queen“ zu haben – er spielte schon vor zwei Jahren im Spirgarten Philip Sparkes Arrangement „Queen Symphonic Highlights“.
Kashifs sechssätzige „The Queen Symphony“ ist 2002 entstanden und wurde ursprünglich für Sinfonieorchester komponiert. Das zeigte sich auch in der Blasorchester-Bearbeitung beim prominent hervortretenden Cello-Register und dem etwas umständlich und blass daherkommenden Geigensolo im dritten Satz. Kashif hat nicht einfach ein Queen-Medley sondern ein eigenständiges Stück komponiert, das viele schöne Momente mit den immer wieder durchblitzenden Themen aus Queen-Hits enthält, insgesamt aber eine sinfonische Dramatik vermissen lässt und – gerade im rund 20-minütigen fünften Satz – auch gewisse Längen aufweist.
Die Stadtmusik spielte das Stück unter der souverän agierenden Leitung von Niki Wüthrich mit viel Engagement und Können. Die Komposition wäre durchaus eines Tonhalle-Konzertes würdig gewesen und hätte dort vielleicht auch ein fachkundigeres Publikum gehabt, das nicht den Ablauf durch dauernden Zwischenapplaus nach jedem Satz gestört hätte.
Whitacres Programmmusik „Godzilla“ ist eine amüsante und äusserst effektvolle Persiflage auf Horror- und Trickfilm-Musik. Hier konnte sich auch in vielen Spezialeffekten der ausgezeichnete Chor profilieren. „Godzilla“ ist in einigen Passagen durchaus auch ein Stück „instrumentales Theater“, etwa, wenn die ganze Bühne mit Fussstampfen die anrückenden Ordnungskräfte drastisch darstellt.
Der riesige Schlussapplaus im Volkshaus galt auch dem umsichtigen und auch in der Programmierung beschlagenen Dirigenten und seinen vielen, solistisch und souverän hervortretenden Stimmführern in der Stadtmusik.
Daniel Willi, Kultur-Journalist, Aarau